Der Sonderforschungsbereich wurde zum 1. 7. 1994 in der Geowissenschaftlichen Fakultät neu eingerichtet. In dem Vorhaben soll untersucht werden, wie die natürliche, mit Hilfe von geowissenschaftlichen Methoden rekonstruierbare Klimadynamik geologische und biologische Prozesse steuert und wie diese Prozesse umgekehrt das Klimageschehen beeinflussen. Damit soll ein besseres Verständnis der "langsamen" Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Biosphäre und Geosphäre sowie der nicht vom Menschen beeinflußten Veränderungen des Klimasystems erarbeitet werden. Anhand von Modellstudien werden aus der Fülle dieser Wechselwirkungen ausgewählte Prozeßkopplungen in unterschiedlichen (marinen und terrestrischen) Geoökosystemen untersucht. Um von der heutigen Situation deutlich abweichende Klimasystem-Typen (von global-warm bis global-kalt) erfassen zu können, werden verschiedene erdgeschichtliche Zeitintervalle, zurückgehend bis etwa 200 Millionen Jahre vor heute, berücksichtigt. Das Untersuchungsgebiet ist auf den alpinen und zirkumalpinen Raum begrenzt. Zum Einsatz kommt das gesamte Spektrum der modernen geowissenschaftlichen Methoden bis hin zur Klimamodellierung. Der Sonderforschungsbereich soll auf diese Weise einen Beitrag zur Klimasystemforschung und damit auch zur Beurteilung der aktuellen Gefährdung des Klimasystems vor dem Hintergrund seiner natürlichen Variabilität liefern.
Da die Arbeiten erst im zweiten Halbjahr 1994 angelaufen sind, kann über konkrete Ergebnisse noch nicht berichtet werden. Soweit zum Sonderforschungsbereich gehörige Projekte auf Arbeiten aufbauen, die bereits früher begonnen wurden und für die demzufolge bereits Ergebnisse vorliegen, finden sich die diesbezüglichen Berichte im Berichtsabschnitt 16 der Geowissenschaftlichen Fakultät.
Der Sonderforschungsbereich ist in vier Projektbereiche mit insgesamt 18 Teilprojekten gegliedert:
Projektbereich A: Prozeßkopplungen im Greenhouse-Klimasystem
Teilprojekt A1: Klimagesteuerte zyklische Sedimentation in marinen und kontinentalen Faziesbereichen der Obertrias (Prof. Dr. rer. nat. W. Oschmann, Institut für Geologie und Paläontologie, Prof. Dr. rer. nat. H. Hüssner, Geologisch-Paläontologisches Institut der Universität Frankfurt, Prof. Dr. rer. nat. W. Ricken, Geologisches Institut der Universität Köln).
Teilprojekt A2: Das süddeutsche Keuper-Becken: Steuerung der Becken- und Aquifer-Genese (Prof. Dr. rer. nat. T. Aigner, Prof. Dr. rer. nat. G. Teutsch, beide Institut für Geologie und Paläontologie).
Teilprojekt A3: Die Kopplungen von klimatischen und ozeanographischen Faktoren mit der Sauerstoffverfügbarkeit im Benthosmilieu der Schwarzschiefer des Toarc/Unterer Jura (Prof. Dr. rer. nat. W. Oschmann, Institut für Geologie und Paläontologie).
Teilprojekt A4: Marine Ökosysteme unter extremen Treibhausklima-Bedingungen an Beispielen aus der Mittelkreide (Prof. Dr. rer. nat. Ch. Hemleben, Institut für Geologie und Paläontologie).
Projektbereich B: Prozeßkopplungen im intermediären Klimasystem
Teilprojekt B1: Die tertiäre Hebungsgeschichte der Ostalpen als klimatischer Steuerungsfaktor (Prof. Dr. rer. nat. W. Frisch, Institut für Geologie und Paläontologie, Prof. Dr. phil. nat. M. Satir, Institut für Mineralogie, Petrologie und Geochemie).
Teilprojekt B2: Wechselwirkungen zwischen Klima, Tektonik und Reliefentwicklung in seit dem Neogen unterschiedlich rasch aufsteigenden, an das nördliche Molassebecken angrenzenden Karbonatgesteinsregionen (Prof. Dr. phil. nat. K.-H. Pfeffer, Geographisches Institut).
Teilprojekt B3: Klima- und Ökosystementwicklung im Oligozän/Miozän des Ostalpenraumes (Prof. Dr. rer. nat. Ch. Hemleben, Dr. rer. nat. J. Nebelsick, beide Institut für Geologie und Paläontologie).
Teilprojekt B4: Ökosysteme im süddeutschen Molassebecken in Abhängigkeit von Klimaschwankungen und Beckenentwicklung (Prof. Dr. phil. H. P. Luterbacher, Institut für Geologie und Paläontologie).
Projektbereich C: Prozeßkopplungen im Icehouse-Klimasystem
Teilprojekt C1: Klimarekonstruktion des jüngeren Quartärs in Südwestdeutschland anhand verschiedener Geofaktoren (Prof. Dr. phil. nat. E. Bibus, Geographisches Institut).
Teilprojekt C2: Klima- und Reliefentwicklung in den französischen Nordalpen (Prof. Dr. phil. Ch. Hannss, Geographisches Institut).
Teilprojekt C3: Quartäre Talfüllungen: Klimageschichte, Sedimentinhalt und Hydrogeologie (Prof. Dr. rer. nat. G. Teutsch, Prof. Dr. rer. nat. T. Aigner, Prof. Dr. rer. nat. E. Appel, Prof. Dr. rer. nat. P. Grathwohl, alle Institut für Geologie und Paläontologie).
Teilprojekt C4: Morphologische und isotopenchemische Reaktion von Großsäugetieren auf die Klimaveränderung im Quartär (Prof. Dr. med. vet. Dr. phil. H.-P. Uerpmann, Abteilung Ältere Urgeschichte und Quartärökologie des Instituts für Ur- und Frühgeschichte, Prof. Dr. phil. nat. M. Satir, Institut für Mineralogie, Petrologie und Geochemie).
Teilprojekt C5: Besiedlungsgeschichte Südwestdeutschlands als klimagekoppelter Prozeß (Prof. Dr. rer. nat. J. Hahn, Abteilung Ältere Urgeschichte und Quartärökologie des Instituts für Ur- und Frühgeschichte, Priv. Doz. Dr. rer. nat. C. J. Kind, Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, Stuttgart).
Teilprojekt C6: Auswirkungen der verschiedenen Klimafaktoren auf die marine Mikrofauna im westlichen Mittelmeer (Pleistozän/Holozän) im Vergleich zu oligozänen Mikrofaunen der Alpen (Prof. Dr. rer. nat. Ch. Hemleben, Institut für Geologie und Paläontologie).
Teilprojekt C7: Subsistenz und Umwelt in Süddeutschland zur Zeit des Neandertalers (Prof. N. J. Conard, Ph. D., Abteilung Ältere Urgeschichte und Quartärökologie des Instituts für Ur- und Frühgeschichte).
Projektbereich D: Zeitlich übergreifende und methodisch grundlegende Projekte
Teilprojekt D1: Geowissenschaftliche Methoden zur Paläoklima-Rekonstruktion in verschiedenen Environments (Prof. Dr. rer. nat. V. Mosbrugger, Prof. Dr. rer. nat. W.-E. Reif, Prof. Dr. rer. nat. E. Appel, alle Institut für Geologie und Paläontologie).
Teilprojekt D2: Klimagesteuerte Denudations-Sedimentakkumulations-Systeme (geschlossene und offene Seebecken, Nebenmeere), (em. Prof. Dr. rer. nat. G. Einsele, Institut für Geologie und Paläontologie).
Teilprojekt D3: Einflüsse des Klimas, der Landschaftsgeschichte und der geologischen Ausgangsbedingungen auf die Genese eines Karstaquifers (Dr. rer. nat. M. Sauter, Dr. rer. nat. R. Liedl, beide Institut für Geologie und Paläontologie).
qvf-info@uni-tuebingen.de(qvf-info@uni-tuebingen.de) - Stand: 30.11.96